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Aktuelles





                                                                                stet war.
            Für mehr Gewässerschutz nutzt der Markt ein uraltes Recht
                                                                                Als 1921 der Markt beim Grundbuchamt des Amts-
       Regenstauf. Zwei Dinge, die auf den ersten Blick   ben. Durch weniger Einträge in den Fluss soll die   gerichts Regenstauf den Antrag stellte, die Zen-
       nicht nur auf der Zeitschiene weit auseinander lie-  Gewässergüte wieder steigen. Bei den schädlichen   gerwiese als Eigentum des Marktes einzutragen,
       gen, finden in der Marktgemeinde gerade zusam-  Einträgen geht es nicht nur um Jauche oder Kunst-  hielten die „Rechtler“ nochmals dagegen. Schließ-
       men: Das Bewirtschaftungsrecht für die sogenann-  dünger. Auch Feinmaterial, das von Äckern in den   lich, so ihr Argument, sei ihr Recht ein Vermächt-
       te Zengerwiese, das im frühen 16. Jahrhundert an   Fluss abgeschwemmt wird, mindert die Gewäs-  nis, wofür sie lange Jahre Zins geleistet hätten. Das
       111 Regenstaufer Bürger gestiftet wurde, und die   sergüte. Zudem muss die Entwässerung der Au-  Amtsgericht entschied zugunsten der Gemeinde.
       dringenden Anliegen des Natur- und Gewässer-  tobahn optimiert werden. Obwohl der Regen auf   Seit 1922 ist die Zengerwiese Gemeindebesitz.
       schutzes. Die Zengerwiese, das sind knapp 4,5 Hek-  Höhe der Zengerwiese das Regenstaufer Gemein-  Zenger- oder Sengerwiese?
       tar Wiese am Regenufer, unmittelbar an der Ge-  degebiet schon wieder verlässt, betont Bürgermei-  Manchmal findet sich in Regenstauf auch die
       meindegrenze zum Zeitlarner Ortsteil Laub.  ster Schindler die Wichtigkeit der Maßnahme: „Wir   Schreibweise Sengerwiese. Das, vermutet Orts-
       Diese Zengerwiese präsentiert sich bei einem Orts-  dürfen nicht nur auf unsere Seite schauen. Eine Ge-  heimatpfleger Georg Gahr, könnte aber ein Über-
       termin von Bürgermeister Josef Schindler und   meinde muss anfangen.“    tragungsfehler sein. Mit der Niederschrift der  Z-,
       Marktgemeinderat Jürgen Bleier, einem passio-  Geschenk „auf ewige Zeiten“  S- oder Cs-Laute habe man es nicht so genau ge-
       nierten Jäger und Angler, als ungemein vielfältiger   Die  Geschichte der  Zengerwiese  schrieben ver-  nommen in einer Zeit, in der vor allem nach Ge-
       Lebensraum.  Dort  brüten Wildenten, Wildgänse   schiedene Regenstaufer Chronisten nieder. Zu-  hör geschrieben wurde. Der Name Zenger taucht
       und Schwäne. Hasen und Rehen dient die Wiese,   letzt fand sie Eingang in die Roßkopfchronik, die   in der Regenstaufer Ortschronik erstmals 1359 auf.
       die von Spaziergängern wenig genutzt wird, als   der ehemalige  Verleger des Regentalboten, Ge-  Damals hatte ein Heinrich Zenger von Zwartze-
       Kinderstube. „Es ist beeindruckend, was man alles   org Roßkopf, 1936 schrieb. Demnach schenkte ein   negk die Pflege und Veste Regenstauf inne. Ein an-
       entdeckt, wenn man genau hinschaut“, sagt Bür-  Hans Kölbl 1531 die Wiese mit einer Gesamtfläche   derer Heinrich Zenger verkaufte 1471 Burgstall und
       germeister Josef Schindler. „Die Wiesen ist a Schau“,   von rund zwölf Tagwerken (ein Tagwerk entspricht   Schloss Regenstauf an Herzog Albrecht von Bayern.
       begeistert sich Jürgen Bleier über die Vielfalt des   0,33 Hektar) „auf ewige Zeiten“ den 111 Hausbesit-  Die Spur der Zengers in der Regenstaufer Chronik
       Geländes, das zur Regenstaufer Jagd gehört. Für ei-  zern, die damals das Bürgerrecht hatten. Hans Kölbl   verliert  sich nach dem  Landshuter Erbfolgekrieg
       ne intensive landwirtschaftliche Nutzung, sagt Blei-  bewirtschaftete den Frühmesshof. Das historische   (1504 /1505) in dessen Folge die Herrschaft über
       er, sei sie zu schade.              Haus des Frühmesshofes steht noch heute in der   Regenstauf zum neuen Herzogtum Pfalz-Neuburg
       Als 1531 der Regenstaufer Hans Kölbl die Zenger-  Bahnhofstraße 7. Es gehört mit seinen Treppengie-  wechselte.  Teile des ehemaligen Zenger-Besitzes
       wiese „für ewige Zeiten“ den Regenstaufer Bürgern   beln zu den ältesten Häusern im Markt.  gingen damals über in den Besitz von Hans Kölbl.
       schenkte, ging es ihm darum, den damals 111 Bür-  Damit die Verteilung der Wiese unter den Berech-  Rechte wie bei der Zengerwiese sind nicht unge-
       gern mit jährlich wechselnden Bewirtschaftungs-  tigten gerecht zuging, wurde die  Wiese Jahr für   wöhnlich. Viele werden erst bekannt, wenn Grund-
       rechten der Wiese ein zusätzliches Einkommen zu   Jahr in zwölf Teile geteilt, die unter den  Berech-  stücke den Besitzer wechseln. In der Marktgemein-
       verschaffen. Das Recht auf die Bewirtschaftung der   tigten verlost wurden. Durchschnittlich alle zehn   de gab und gibt es ähnliche Rechte in Hirschling,
       Wiese liegt bis heute bei den Nachkommen die-  Jahre durfte ein Rechtler seinen Wiesenanteil be-  Ramspau oder Karlstein. Da das Grundbuch in sei-
       ser Bürger oder den Besitzern der entsprechenden   wirtschaften, beziehungsweise die Pacht kassieren.   ner heutigen Form in Bayern erst um 1900 schritt-
       Flurnummern. Eigentümer der Wiese ist seit 1922   Weil es innerhalb der Wiese bessere und schlech-  weise eingeführt wurde, wurden alte Rechte, die
       der Markt Regenstauf.               tere  Teile gibt, werden bis heute Ausgleichszah-  auf mündlicher Überlieferung beruhen, nicht im-
           Weniger Pacht, mehr Umweltschutz  lungen geleistet. Dabei handelt es sich eher um   mer eingetragen.
       Bis heute erhalten jährlich zwölf Rechtler das Nut-  symbolische Beträge.               (Text / Fotos: Markt Regenstauf)
       zungsrecht an jeweils einem Zwölftel der Zen-  Bis 2019 wurden die Wiesenanteile jedes Jahr im
       gerwiese. Da die Rechteinhaber zum größten Teil   Rathaus ausgelost. 2020 und
       selbst keine Landwirte mehr sind, verpachteten sie   2021 entfiel die Verlosung we-
       bisher das Nutzungsrecht. Angesichts der geringen   gen der Corona-Pandemie.
       Größe der einzelnen Teilflächen war der Pachtzins   Wie Edith Köber erläutert, sie
       entsprechend gering.                ist in der Marktverwaltung für
       Heuer ging die Marktverwaltung mit Einverständ-  die Liegenschaften zuständig,
       nis der diesjährigen Rechteinhaber neuen Wege.   schreibt der Markt jedes Jahr
       Der Markt selbst verpachtete die Fläche an zwei   die Bürger an, auf die aktuell ein
       Landwirte, senkte den Pachtzins und erhöhte dafür   Los entfällt. Doch längst nicht
       die Umweltauflagen.                  mehr alle Berechtigten melden
                                           sich im Rathaus zurück.
       In den Nutzungsverträgen stehen jetzt beson-
       dere  Vereinbarungen  zum Boden- und  Wasser-  Rechtler wollten das
       schutz. Das Ausbringen von Gülle, Jauche, Festmi-  Eigentum
       st und sonstigen organischen und mineralischen   Früher, als die vielen Landwirte   Bürgermeister Josef Schindler und Jürgen Bleier sind überzeugt: Die Zen-
       Düngern und Pflanzenschutzmitteln ist verboten.   am Ort noch dringend auf den  gerwiese am Regenufer ist ein vielfältiges Biotop, das geschützt werden
       Diese  Vorgaben sollen stichpunktartig überprüft   Ertrag der  Wiese angewiesen  muss.
       werden. Der Markt verlangt wegen der Auflagen   waren, war das anders.
       einen ermäßigten Pachtpreis. Die diesjährigen Be-  1895 gab es einen Ver-
       rechtigten erhalten vom Markt eine angemessene   such der „Rechtler“, die
       Pacht.                              Zengerwiese und den
                                           Schlossberg, der früher
              Modell für weitere Verträge
                                           als Viehweide  diente,
       Für Bürgermeister Josef Schindler, der dem Schutz   zu ihrem ausschließ-
       des Regenflusses und untergeordneter Gewäs-  lichen Eigentum zu er-
       ser, wie Diesenbach oder Eitlbrunner Graben, ho-  klären.  Der Versuch
       he Dringlichkeit einräumt, ist die Verpachtung der   blieb erfolglos. Zum ei-
       Zengerwiese ein Modell, das er für weitere land-  nen  fehlten die Mittel,
       wirtschaftliche Flächen im Besitz der Marktge-  um einen Rechtsstreit
       meinde anstrebt. Dabei bemüht er sich um einen   zu führen. Zum ande-
       Ausgleich der Interessen der Landwirte und dem   ren  kam der Schloss-
       Anliegen des Umweltschutzes. Außerdem, sagt der   berg als  Weide gar
       Bürgermeister, versuche der Markt, Uferstreifen ent-  nicht mehr in Frage, da
       lang des Regens und der Zubringerbäche zu erwer-  er inzwischen aufgefor-
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